Rezensionen

Karen Meyer-Rebentisch: Das Gartenfotobuch

Das Buch aus dem dpunkt.verlag bietet einen interessanten Ansatzpunkt, die Fotografie im Garten als Schwerpunkt zu betrachten, die fotografischen Herausforderungen zu erklären und Lösungsansätze anzubieten. Das Layout des Buches ist hervorragend gelungen. Besondere Highlights sind die Erläuterungen der fotografischen Technik und die Vergleiche von Motiven bei verschiedenen Einstellungen und deren Bewertung.

Etwas schwieriger wird es, wenn man sich überlegt, an welche Zielgruppe sich das Buch richtet:
Wären es fotografisch unerfahrene Gärtner, sind die Kapitel mit den Erläuterungen zu Kamera und Objektiv (Kapitel 2), technischen Grundlagen (Kapitel 3) und die Erklärungen zu Bildbearbeitung und Präsentation (Kapitel 13) nicht ausreichend. Um die fotografischen Grundlagen zu erlernen, muss man sicher mehr wissen und sich intensiver damit beschäftigen. Will ein Gärtner mit einer automatischen Kamera ein paar Fotos im Garten machen, sind die Erläuterungen zu weitführend und zu speziell.

Wendet sich das Buch an erfahrene Fotografen, die mit System- oder Spiegelreflexkameras umzugehen wissen, sind die technischen Kapitel überflüssig und trivial. Diese Interessenten, die von den angegebenen Kameraeinstellungen bei den Beispielfotos profitieren, sind mehr an sehr speziellen und tiefgreifenden Hinweisen interessiert aber nicht an den Zusammenhängen zwischen Blende und Verschlusszeit.

Wenn man annimmt, dass die Zielgruppe erfahrene und ambitionierte Fotografen sind, sind die Kapitel, in denen das Thema Supertotale, Halbtotale, Großaufnahmen, Makrofotografie behandelt werden, sehr interessant und aufschlussreich. Auch die Herangehensweise in Form einer Reportage als Methode für Fotografie-Projekt im Garten - Geschichten erzählen - ist ein bedenkenswerter Aspekt und interessant vermittelt.

Gestört hat uns an dem Buch, dass manche Themen wie Menschen im Garten als Exkurs einem Kapitel zugeordnet wurden. Die Gastbeiträge, wie zum Beispiel „Fotoerlebnis Gartenteich", „Vogelfotografie an der Futterstelle“ und der Exkurs „Damit es kreucht und fleucht“ brechen mit ihren ausufernden Belehrungen (z. B. was muss ich pflanzen, damit Hummeln in den Garten kommen und „Der Grasfrosch ist ein sieben bis neun Zentimeter großer, plumper Braunfrosch ....") das Thema auf und passen nicht so recht zu den fotografischen Blickwinkeln. Wer seinen Garten zu einem Naturgarten machen will, braucht andere, tiefer informierende Literatur, das Gleiche gilt für das Anlegen eines Gartenteichs.

Dieses Buch ist kein Gartenfotobuch, es ist ein Buch mit Hinweisen und Anleitungen zum erfolgreichen Fotografieren in Gärten. Dabei sind die Gewächse und Lebewesen nicht Subjekt sondern Objekt der Fototechnik. Es spielt zum Beispiel keine Rolle welche Sorte Apfelbaum wo wächst sondern nur wie ich ihn fotografiere, wie ich ihn optimal ins Bild setze. Der Bruch, den ich im Thema des Buchs empfinde, geschieht genau an den Stellen, an denen die Perspektive wechselt und oberflächlich andere nicht fotografiebezogene Themen einbezogen werden. 

Dieser Perspektivwechsel bezieht sich auch auf den Untertitel, der „Fotografieren im Wandel der Jahreszeiten“ lautet. Er passt nicht. Die Jahreszeiten sind ebenfalls nur Kulisse, Objekt besonderer Herausforderungen des Fotografierens wegen Licht, Kälte und besonderer Motive. Sie in einem Drittel des Buches noch einmal besonders herauszustellen, bricht ebenfalls die Gliederung. Diese Aspekte hätten auch integriert behandelt werden können. So erweckt der Untertitel nur die Erwartung, das Buch könnte doch auch ein Gartenbuch sein. Dieser Erwartung wird es nicht gerecht.

Wenn wir annehmen, das Buch wendet sich an ambitionierte Fotografen, die sich mit den besonderen Herausforderungen vom Fotografieren in Gärten beschäftigen wollen, dann bewerten wir das Buch mit 4 Sternen, indem wir die einführenden Kapitel zur Technik einfach ignorieren. Man hätte auf diese Kapitel gut verzichten können.

Suche ich ein Buch, in dem es ein paar Tipps gibt, was man als fotografierender Laie im Garten wie fotografieren könnte, werde ich enttäuscht sein, denn die Erläuterungen der Technik sind oberflächlich und nicht ausreichend um grundsätzlich fotografieren zu lernen und erst recht nicht in der herausfordernden Umgebung des Gartens. Völlig überflüssig ist z. B. für Laien ein Tipp, sich ein Stativ der chinesischen Firma Sirui anzuschaffen.

Will ich mich an schönen Gartenfotos erfreuen, kann ich schöne Fotos in diesem Buch zwar finden, aber es ist kein Buch über Gärten.

Unser Fazit: Das Buch ist ein Zwitter. Für Spezialisten zu viel Triviales, für Laien zu viel Spezielles. Dafür vier Sterne, wegen des hervorragenden Layouts und der Gegenüberstellung von Fotos mit verschiedener Technik.