Gartentagebuch

2019

Die Veränderung ist die Natur des Gartens

Der Garten wird in diesem Jahr 40 Jahre alt. Vieles hat sich verändert, gewandelt, aber die Struktur des Gartens ist im Wesentlichen erhalten geblieben. Die grundsätzliche Gestaltungsidee steht immer noch im Mittelpunkt der Entwicklung:
  • Der Garten soll ein umschlossener Garten und geschützter Raum sein
  • er soll Wildtieren Raum und Futter bieten
  • ich will den Garten weitmöglichst ökologisch bewirtschaften
  • der Garten muss von mir mit begrenztem Zeitkontingent pflegbar sein. 
  • ich will einen Garten zum Leben, mehr genießen als pflegen und im Garten spazieren gehen
Da mir in den letzten Jahren mehr Zeit zur Verfügung steht, bin ich ergeiziger geworden, habe Staudenkombinationen verbessert, neue Stauden gepflanzt und habe Beete, die ein bisschen ein Schattendasein geführt haben, gestaltet. Der Verlust der Buchsbäume hat einen weiteren starken Impuls zur Veränderung gesetzt. Der lange Sommer 2018 mit seiner wunderbaren Wärme aber auch der bisher noch nicht erlebten Trockenheit bringt die Gärtnerin zum Nachdenken.

Ein großes Projekt wird in diesem Jahr die Öffnung des Gartens im Rahmen der Offenen Gärten des Oberen Weiltals und Umgebung sein.

Im Winter gehört der Garten eindeutig den Vögeln. Wir füttern sie natürlich auch allerdings nur noch mit Sonnenblumenkernen nach der Erfahrung mit den keimenden Weizenkörnern vom vorigen Jahr. Es kommen die üblichen Meisen in Mengen, als Standvogel im Garten ein Rotkehlchen, ein Zaunkönig und eine Heckenbraunelle, die eigentlich hier nicht überwintert. Amseln natürlich und dann die Schwärme: Grünlinge, vergesellschaftet mit Dompfaff, Buchfinken und Distelfink, daneben in diesem Jahr auffällig viele Kernbeißer, die sehr aggressiv sind und sich gegenseitig bekriegen. Im Februar kommt auch ein Schwarm Zeisige. Sie sind sehr scheu, eine Bewegung im Haus und schon sitzen sie im Gezweig.

Die vielen Vögel sitzen, wenn sie nicht fressen, in den Bäumen und Sträuchern im Garten oder am Waldrand, manchmal sitzen eine ganze Schar auf den oberen Zweigen der Birke oder der Lärche. Dann tirilieren sie leise vor sich hin und der ganze Garten ist erfüllt von ihrem Zirpen. Leider kann ich es im Haus mit geschlossene Fenstern nicht hören ... es ist aber ganz wunderbar und lässt auf den Frühling hoffen. Der ist am 11.2 schon ein kleines bisschen da, denn am 9.2 habe ich den ersten Schwarm Kraniche gesehen und die ersten Schneeglöckchen, die Galanthus Flore Pleno, blühen schon. Noch etwas verschämt aber sie sind da!

Mitte Februar bescherte uns das Wetter ungewöhnlich warme Tage so dass Schneeglöckchen und Krokusse  von einem auf den anderen Tag zu blühen begannen. Am Hang wächst zwischen den Sträuchern als Bodendecker Efeu. Diese Ecken sind schwer zugänglich und haben auch nach den vielen Jahren immer noch keinen guten Boden. Vor ein paar Jahren habe ich einmal Schneeglöckchen unmittelbar nach der Blüte vereinzelt und in die noch sehr schüttere Efeudecke gepflanzt. Es war ein Experiment, ich wagte nicht zu hoffen, dass sie sich auf Dauer durchsetzen. Nun, man erlebt Überraschungen: in einer dichten Efeudecke strecken sich viele Puffs von Schneeglöckchen und sehen im dunklen Efeu ganz allerliebst aus. Die Puffs, die jetzt blühen, habe ich nicht alle gepflanzt, sie vermehren sich selbst. Manchmal muss man überhaupt nichts tun ...

  • Galanthus nivalis
  • Galanthus nivalis Flore pleno
 

Am 10. März hat sich das Wetter glücklicherweise auf moderate Temperaturen und Regen besonnen. Die Vögel singen schon für die Partnersuche, eine Heckenbraunelle baut im Knöterich und die Mönchgrasmücke höre ich auch schon singen. Der im Garten ansässige Zaunkönig baut ein Nest im Efeu an der Terrasse, wo ich ihn gut beobachten kann. Die Früchte des Efeus sind an den sonnigsten Stellen schon reif, die geflügelten Besucher wechseln sich ab. Im Teich ist schon Laich von Erdkröten, die Ringelnattern schlafen noch.

  • Es gibt jetzt Elstern, die in den Garten kommen. Sie sind zwar sehr hübsche Vögel aber wegen ihrer Neigung andere Nester zu zerstören, nicht beliebt. Ich beobachte sie den ganzen Winter über weil sie die restlichen Walnüsse gesucht und überall versteckt haben.
  • Für den Zaunkönig hängt im Knöterich eine Nistkugel. Es ist ein Angebot für ihn aber er baut sowieso mehrere Scheinnester und das Weibchen darf aussuchen welches Nest ihr am besten für die Jungenaufzucht gefällt.

Sonne nach Regen auf den Hang mit Geranium und der Duft im Spielwald ist wieder da!  

Der Frühling ist in diesem Jahr nicht ungewöhnlich früh und ein Kälteeinbruch, glücklicherweise nur nahe Null Grad, hat das Wachstum eingehegt bis Ostern, das in diesem Jahr erst am 21. April gefeiert wird. Schon ein paar Tage vorher beschert uns eine warme Vorderfrontströmung sehr warme Temperaturen über 20 Grad und der Garten ist nahezu explodiert. Die Päonien blühen fast, die Wisteria steht unmittelbar vor dem Blühstart. Aber die verfrühten Eisheiligen Anfang Mai haben in diesem Jahr Regen gebracht, auch die eine oder andere Flocke aber glücklicherweise nur Temperaturen knapp über Null Grad. Das war Luftanhalten, denn  die Goos-Koenemann Päonien blühen in überwältigender Fülle, ein Strauch hat mehr als 50 Blüten. Zusammen mit dem Goldregen und der Wisteria ist das Polygonatum voll erblüht und ein paar Blüten der Rose Frühlingsgold sind auch schon offen, abgesehen von  dem Start der Geraniumblüte. Den spektakuärster Anblick bieten aber die vielen großen Blüten der Clematis Alba Plena, die an dünnen Trieben aus dem "Rosenbaum", der Madame Carriere, herabhängen und sanft im Wind schaukeln! Schrecklich die Vorstellung, es hätte stärker gefroren und die ganze Pracht wäre dahin. Ein paar Meter höher lag zumindest für ein paar Stunden eine geschlossene Schneedecke!

Zum ersten Mal ist der Garten für Besucher geöffnet.

Am 26.Mai war es soweit. Ich habe zum ersten Mal an der Aktion "Offene Gärten Oberes Weiltal und Umgebung" teilgenommen und meinen Garten für Besucher geöffnet. Ich war  von der Begeisterung und dem gärtnerischen Interesse der Besucher überrascht und überwältigt. Soviel Zustimmung und Lob hatte ich nicht erwartet. Ich hoffe, dass die Besucher Anregungen und Tipps mitgenommen haben, vor allen Dingen auch, dass ein Garten mehr Freude macht als Arbeit.

  • Blick von der Loggia auf Madame Alfred Carriere, die Rhododendron und das Wiesenrondell
  • Der oberste Teich
  • Im Vordergrund Polygonatum odoratum und die noch nicht blühenden Staudenpäonien vor dem blühenden Geranium macrorrhizum um den Teich herum.
  • Der untere Teich, in dem die Besucher sogar die Ringelnatter beobachten konnten
  • Der Gemüsegarten. Der Rhabarber ist riesig, die Nachtviolen auch, der Salat und die Kohlrabi sind aber noch sehr klein.

Das Klangkonzert von Christine Steger-Kellermann (Klangmassage, www.klangmassage-taunus.de)  war ein besonderes Erlebnis und hat die Besucher berührt.

  • Christine Steger-Kellermann beim Klangkonzert
  • Weihrauchduft vor dem Klangkonzert

Am zweiten Öffnungssonntag erwartet den Besucher im Garten ein anderes "Blühbild". Im Vorgarten blühen alle Rosen überaus üppig, sogar die neu gepflanzte Blue Magenta und Lady of the Lake blühen schon. Dazwischen Wolken von Centranthus ruber Alba. Auf dem Hang davor ist die Fläche von Hypericum calycinum am Aufblühen pünktlich zum 24. Juni wie die Wildform, die den Insekten ihren Nektar anbietet. Ein großer Tuff Santolina blüht ebenfalls gelb. Im Garten sind die Akelei verblüht und abgeschnitten genauso wie die vielen Mondviolen. An vagebundierenden Blüten schwebt jetzt lila Mohn durch die Beete. Geranium  macrorrhizum ist verblüht, Geranium sanguineum und nodosum sind ihm nachgefolgt. Die überwältigende Blüte von Madame Carriere sind abgelöst von dem im voller Blüte stehenden Pauls Himalayan Musk. Das große Staudenbeet mit den Sommerblühern startet gerade, die Lysimachia punctata rahmen den Garten im hinteren Bereich mit einem satten Gelb ein. Einzelne blühende Stauden gibt es noch viele zu entdecken. Darunter sind besondere Wildpflanzen hervorzuheben: neben dem Hypercium insbesondere der wilde Dost - der aber noch nicht blüht - Stachys silvaticum, ein eher unscheinbarer Lippenblütler, der in der Fläche wirkt und Leonorus cardiaca, im Volksmund auch Herzgespann genannt, eine früher in den Klostergärten wachsende Staude und natürlich das wilde Mädesüß, Filipendula ulmaria, dessen züchterisch bearbeitete Variante in rosa, Filipendula rubra venusta, auch am Teich blüht. Auch Wildpflanzen sind nicht so einfach im Garten anzusiedeln wie man vielleicht denkt: die Braunwurz, Scrophularia nodosa, hat sich nicht behauptet, andere werden eher zur Plage wie zum Beispiel Geum urbanum.

Eine etwas umstrittene Pflanze habe ich, da sie sich über Rizome stark ausbreitet, in einen großen Kübel gepflanzt: Asclepias syriaca, auch Seidenpflanze genannt. Sie ist eine Bienenfutterpflanze und duftet stark. Da sie jetzt in voller Sonne steht, treibt sie Blüten und siehe da gelbe Blattläuse sind an die Blütentriebe gewandert. Da ich solchen Befall nicht bekämpfe konnte ich beobachten was ohne menschlichen Eingriff passiert: Einige Tage später waren asiatische Marienkäfer da, gelbe und rote mit vielen oder wenigen Punkten und haben die Blattläuse verspeist. Die asiatischen Marienkäfer sind eingewandert und haben einen erheblich größeren Appetit als die heimischen Marienkäfer, die wohl von ihnen verdrängt werden. Tage später habe ich beobachtet dass sich auch noch andere an den Blattläusen laben: verschiedene fliegende Insekten, die ich leider nicht bestimmen konnte. Ich bin gespannt, wann die gelben Blattläuse, die übrigens schwarze Füsschen haben und auf Oleander spezialisiert sind, verschwunden oder doch sehr dezimiert sein werden.

  • natürliche Schädlingsbekämpfung: gelbe Blattläuse an Asclepias syriaca mit asiatischen Marienkäfern.

Apropos Schädlinge: Ich hatte in den vergangenen Jahren immer mal wieder Wühlmäuse und habe auch etliche gefangen. Dann allerdings haben sie mir die Fallen immer mit Erde zugescharrt und sind nicht mehr in die Fallen gegangen. In der letzten Woche sind an vielen Stellen des Gartens kreisrunde Löcher aufgefallen, frisch gegraben, teils zugescharrt, teils offen. Also habe ich Fallen wieder in einem offensichtlichen Gang, den ich schon kannte aber an dem mir schon länger kein Fang mehr gelungen war, angebracht und auf Anhieb zwei Mäuse gefangen. Vielleicht ist es eine neue Generation, die sich an die Nachstellungen durch mich nicht mehr erinnert ... Sie sehen eigentlich nicht so typisch aus wie die Wühlmäuse, die ich früher gefangen habe, sie sind kleiner aber auch mit langgestrecktem Körper mit kurzem Schwanz. 

Es scheint so, dass die diesjährige Trockenheit und Hitze Anfang August erst einmal vorbei ist. Was man nur hoffen kann, denn ich habe den Eindruck, dass die Trockenheit in diesem Jahr wegen der geringeren Reserven im Boden  schlimmer war als im vorigen Jahr. Die 52 Liter, die es im ersten August Drittel geregnet hat, sind nur ein kleiner Anfang, aber der Garten hat aufgeatmet ... ich konnte es beinahe hören.

Das Tor zum Wald

Wir hatten schon immer ein kleines Lauftürchen zum Wald. Es war ein ganz einfaches Törchen und in der ganzen Höhe mit einer blickdichten Folie bespannt. Diese Lösung hat mir schon lange nicht gefallen aber es hat lange gedauert bis ich endlich ein Tor gefunden habe, das meinen Vorstellungen genügt hat. Jetzt haben wir - mit einigem Aufwand, da es sehr schwer ist - das Eisentor eingebaut und einen neuen Blick gewonnen. Das Tor zum Wald, wie ich es nenne, erlaubt vom Garten aus den direkten Blick in den Wald, öffnet sozusagen einen weiten Blick in den Wald und steht dem bisherigen Gefühl eines "Hortus conclusus" ein bisschen entgegen. Spaziergänger können jetzt auch von außen einen Blick in den Garten riskieren. Das scheint so attraktiv zu sein, dass wir eine Frau sahen wie sie ihr Handy durchs Tor hielt und ein Foto machte. Nun ja, das müßte wirklich nicht sein. Besonders am Morgen und in den Abendstunden entsteht ein besonderes Gefühl wenn ich vom Garten in den Wald hinausschaue. Es ist der besondere sich öffnende Blick.

  • Das Tor zum Wald
  • Igel, nachts im Garten unterwegs
  • Ein Reh schaut in den Garten

In diesem Jahr  haben wir glücklicherweise keinen verlängerten Sommer, im August gab es schon etwas Regen und der September ist eher normal bezüglich Temperatur und Regen. Das hat natürlich die Regendefizite noch nicht nicht mehr aufgefüllt, aber die Lage doch entspannt. Es ist zumindest so feucht, dass ich die Lehren aus diesem Jahr ziehen und einiges umpflanzen kann. Zum Beispiel können die Hosta im Topf auf der Terrasse nicht leben, sie sitzen jetzt unter Madame Carriere. Die starken Abholzungen im Wald, die nichts mit Absterben und Klimawandel zu tun hatten, sondern einfach Abholzungen um des Verkaufs willen waren, haben große Lichtungen in den Wald geschlagen und somit auch das Licht im Garten verändert. Jetzt ist über Stunden Sonne an Stellen, wo vorher nur ganz kurz Sonne war und ich versuche die Pflanzungen etwas anzupassen. Manches ist sehr gut gewachsen: auch da muss ich umpflanzen und anpassen.  

Im Oktober hat es viel geregnet, die ca. 100 Liter waren eine wunderbare Erholung für den Garten. Ich habe gleichsam "gehört" wie die Pflanzungen und die Bäume "aufgeamtet" haben. Der Regen hat noch einmal einen Wachstumsschub auslöst. Plötzlich haben besonders die verschiedenen Gemüsesorten wie Wirsing, Rotkraut, Kohlrabi, Mangold und Petersilie und Borretsch, die den ganzen Sommer nicht recht gewachsen waren,  sich ihrer Natur besonnen: die Petersilie ist ein wunderbarer Busch und Wirsing und Rotkraut bilden Köpfe. Der rote Mangold, den ich eigentlich aus optischen Gründen für die Offenen Gärten gepflanzt hatte, entfaltet jetzt seine ganze Schönheit und lädt zum Verspeisen ein. Am 3. November habe ich im Garten Walderdbeeren und Herbsthimbeeren naschen können! Nicht viele, das ist auch nicht nötig. Naschen eben, ein wunderbares Aroma und eine späte Reminiszenz an vergangene Sommertage.

Draußen brummt die Pumpe: aus der Zisterne pumpe ich alles Wasser, das sich angesammelt hat, in die Rhododendron zum Versickern und achte darauf, dass kein kostbares Nass in die Kanalisation überläuft. Die Wettervorhersage kündigt Regen an, hoffentlich wird es wahr und das Grundwasser füllt sich im Winter auf. 

Inzwischen nähert sich der kürzeste Tag des Jahres. Nass ist es, wunderbar nass. Wir hatten auch schon mal etwas Schnee, der aber sofort getaut und auch schön eingesickert ist. Frost war nur bis -2 Grad, die Töpfe mit mediterranen Pflanzen stehen zwar geschützt aber immer noch draußen wie auch die Hortensien auf der Terrasse. Diese haben erst bei den leichten Frostgraden erst letzte Woche ihre Blätter verloren. Heute habe ich die Herbstanemonen und die Clematis geschnitten, die schon wieder angefangen haben zu treiben. Die Teiche sind so voll wie schon Jahre nicht mehr, der obere Teich läuft in die Rhododendron über, die das hoffentlich genießen. Als ich die Herbstanemonen am Teich abgeschnitten habe, habe ich einen kleinen Grasfrosch aufgestört, der ist wohl etwas verwirrt ob der warmen Witterung. Bis Weihnachten ist kein nennenswerter Frost vorhergesagt, Wirsing und Mangold habe wir letzte Woche frisch aus dem Garten gegessen. Kräuter sind auch noch genügend viele da außer meinem wunderbar großen Petersilie, dem die Wühlmäuse leider den Garaus gemacht haben. Ratz fatz  … einfach abgefressen, es müssen sehr leckere Petersilienwurzeln gewesen sein, denn das Grün hatten sie übriggelassen.

  • spektakulärer Sonnenaufgang kurz vor Weihnachten
  • Es ist ein Ros’ entsprungen ... geschnitten am 24. Dezember 2019